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Ergebnis im Abgeordnetenhaus - Regierungsparteien wollen weiter die Schulen regieren

Am Donnerstag fand die abschließende Abstimmung im Plenum des Abgeordnetenhauses über die Volksinitiative „Schule in Freiheit“ statt. Mit den Stimmen der beiden Regierungsfraktionen SPD und CDU wurde die von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und Piratenfraktion vorgelegte Beschlussempfehlung abgelehnt. Diese Beschlussvorlage sah vor, den mit der Volksinitiative "Schule in Freiheit" begonnenen Dialog fortzuführen und die Ideen und Vorschläge der Volksinitiative mit zusätzlichen Akteuren, wie z.B. Vertretern aus Schulen, weiter zu beraten. Mit der Ablehnung dieser Beschlussempfehlung hat das Berliner Parlament eine historische Chance verpasst. Denn diese Beschlussempfehlung war in den letzten Wochen aus dem gemeinsamen Bemühen aller fünf Fraktionen entstanden.

Alle fünf bildungspolitischen Sprecher der Fraktionen hatten sich nach der öffentlichen Anhörung unserer Volksinitiative im Bildungsausschuss vorgenommen, solch eine überparteiliche Beschlussvorlage anzustreben. Doch dieser Versuch scheiterte in letzter Minute: Zu einem verabredeten abschließenden Treffen tauchten die Sprecher der regierenden SPD und CDU überraschenderweise nicht mehr auf.

Und dann geschah am Donnerstag im Plenum Folgendes: Von einigen Mitgliedern der SPD-Fraktion wurde die Debatte ständig mit lautem Gerede und Zwischenrufen gestört. Und in Zwischenfragen und Interventionen erhoben sie immer wieder den Vorwurf: Die Volksinitiative wolle alle Schulabschlüsse abschaffen. Damit sei die Qualität der pädagogischen Arbeit nicht mehr gesichert.

Diese Einschätzung hatten wir schon in der Anhörung widerlegt und richtiggestellt: Die Volksinitiative will nicht die Abschaffung aller Schulabschlüsse; sie will vielmehr erreichen, dass die Schulen aus ihrer pädagogischen Erfahrung heraus alternative NEUE Abschlüsse entwickeln können. Schulabschlüsse, mit denen die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler besser herausgefordert und dargestellt werden können als mit den zur Zeit politisch vorgegebenen Abschlüssen. Es geht uns um einen ZUWACHS an Qualität.

Wie kommt es, dass von den Rednern der SPD-Fraktion trotzdem immer wieder behauptet wird, die Volksinitiative wolle alle Schulabschlüsse abschaffen? Dieses Aufstellen unwahrer Behauptungen zeugt nicht von Souveränität. Wo bleibt die sachlich-fachliche Auseinandersetzung und warum wurde der weiterführende Dialog mit der Volksinitiative abgesagt? Den Grund dafür sehen wir in folgenden Wahrnehmungen:

In der Anhörung hatten wir den Eindruck, dass die zweite Volksinitiative „Schule in Freiheit“ eine tiefere Wirkung hat als die erste Volksinitiative im Jahr 2011. Denn das Vertrauen von Pädagogen, Wissenschaftlern und auch Politikern in die Zuverlässigkeit der heute den Schulen vorgegebenen pädagogischen und organisatorischen Bestimmungen schwindet immer mehr. Die Sicherheit in die den Schulen vorgeschriebenen Kriterien bröckelt, erodiert. Ja, sie ist mittlerweile als eine rein äußerlich gehandhabte Sicherheit eine Scheinsicherheit geworden. In der Anhörung der zweiten Volksinitiative führte diese vorhandene Unsicherheit zu einer größeren Offenheit für die Ansätze der Volksinitiative. Und folgerichtig machten sich daraufhin alle fünf bildungspolitischen Sprecher auf den Weg einer gemeinsamen Suche nach Lösungen. Doch dann scheuten sich die Regierungsfraktionen. Sie bekamen Angst, sich der bestehenden, tiefen Verunsicherung wirklich auszusetzen und brachen die Gespräche ab. Diese Verunsicherung in der eigenen Position wird nicht wahrgenommen und schlägt um in einen unsachlichen und in der Argumentation nicht stichhaltigen Umgang mit den Vorschlägen der Volksinitiative.

So kam es, dass am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses die Regierungsfraktionen SPD und CDU mit ihrer Mehrheit eine von ihnen erstellte Beschlussempfehlung beschlossen. In ihr wird die Auffassung vertreten, in der Berliner Schullandschaft sei im Wesentlichen alles in Ordnung. Diese von SPD und CDU beschlossene Vorlage kommt in der praktischen Umsetzung nicht über kleine Schritte hinaus:

  • Im Hinblick auf eine größere organisatorische Selbständigkeit der staatlichen Schulen sollen die Erfahrungen mit dem bestehenden Berliner "Bonus-Programm" ausgewertet werden, innerhalb dessen die Brennpunktschulen Geld erhalten und über dessen Verwendung selbst entscheiden können.
  • Im Hinblick auf ein neues Finanzierungsmodell für die Schulen in freier Trägerschaft soll die begonnene Berechnung von Schülerkostensätzen fortgeführt und vervollständigt sowie zu einem einvernehmlichen Ergebnis geführt werden.


Diese Schritte sind zwar zu begrüßen. Doch insgesamt ist diese Beschlussempfehlung alles andere als eine mutige Öffnung in Richtung Zukunft. Deswegen ist es wichtig und notwendig, dass wir weitermachen. Wir werden in den nächsten Wochen prüfen, in welcher Weise dies geschehen kann.

Hier finden Sie die abgelehnte Beschlussempfehlung

Hier finden Sie die vom Abgeordnetenhaus beschlossene Beschlussempfehlung

Hier finden Sie die Videos der Redebeiträge der Plenardebatte auf rbb-online